Redebeitrag zur „Organize“ Demo im Wedding am 30.04.2018

Wir sprechen zu Euch als Mieter des Hauses vor dem wir stehen und in Vertretung unseres Hausvereins AmMa65 e.V.

Im Januar dieses Jahres wurde unser Haus durch Jakob Mähren und seine Mähren AG erworben. Allein seit Anfang 2017 kaufte die AG 17 Häuser, davon 11 in Berlin.
Auch die Liebenwalderstr. 41 an der wir gleich vorbeikommen, gehört zu seinem sogenannten “Portfolio”.

Jakob Möhren bezeichnet sich selbst als Geschäftsmann. Sein Modell umfasst den Handel mit Häusern die günstig gekauft, im Bestand und Instand gehalten und gegebenenfalls nach genügender Rendite, an andere Investoren weiterverkauft werden.
Für Mähren heißt das, keine Sanierung, kein Luxus, keine schmutzigen Finger!
Das dann aber bei einem Weiterverkauf oft nicht auf die Interessen von Mietern geachtet kann versteht sich von selbst.

Zu der Zeit als wir von der Mähren AG übernommen wurden, waren wir zum Glück schon organisiert und eine organisch gewachsene lebendige “Hausgemeinschaft”. Unser Ziel war es, einem sich anbahnenden Verkauf zuvor zu kommen und selbst zu kaufen.
Leider hat Herr Mähren diesem Bestreben vorerst einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Millieuschutz soll Verdrängung durch Aufwertung vorbeugen. Doch wenn z.B. in einem unsanierten Haus eine Zentralheizung und Bäder eingebaut sowie die Außenwände, Kellerdecken und Dächer gedämmt werden, greift er nicht, obwohl sich schon dadurch die Miete nicht selten verdoppelt. Der Bezirk muss solche Standards genehmigen – und die Mieter zahlen. Sharedeals sind da nochmal ein Thema für sich.

So wie uns geht es leider vielen in der Stadt.
Jakob Mähren ist selbst geborener Berliner. Dennoch hat er sich voll und ganz dem Markt mit Immobilien und im Umkehrschluss Menschen hingegeben. Stück für Stück brechen er und seine Hausverwaltung nun mit den Absprachen die wir im Glauben an ein “faires Miteinander” vereinbart haben. Geld macht bekanntlich blinde Flecken im Sozialkortex. Aber auch wenn man einer solchen Situation erst einmal hilflos gegenüber steht, macht sie einen irgendwann stark. Wir z.B. haben uns weiter organisiert und sind stärker denn je.

Man kann nicht vom Kapitalismus erwarten das er Kapitalisten reglementiert. Das muss man selber machen.
Man kann allerdings ungehorsam sein, anwesend sein, im Weg stehen, immer wieder Nachfragen, Briefe Schreiben, telefonieren, Mieter sein, Vereine gründen, nerven und als wichtigstes Instrument, Öffentlichkeit generieren; Herr Mähren 😉 (Zwinkersmiley)

Menschen in diesem Business haben kein Interesse mit Ihrem Tun im Rampenlicht zu stehen denn auch sie wissen das es ethisch bedenklich ist Lebensraum als Ware zu behandeln. Außerdem mauschelt es sich im Schatten leichter.

Und eben genau deshalb ist es wichtig sich zusammen zu finden, die Solidarität hochzuhalten, sich den Rücken zu stärken und das Licht anzumachen. Ich spreche aus Erfahrungen die wir im Verein gemacht haben und auch jeden Tag aufs Neue machen.

Öffnet Eure Türen und redet miteinander! Traut Euch! Es gibt nichts schöneres und macht auch abseits der politischen Arbeit Spaß!
Es ist so krass zu sehen wie viel Potential hinter den Türen schlummert an denen Du bisher vorbeigegangen bist. Ein kleiner Schritt, große Wirkung.

Vereinsarbeit, Organisation und nicht zuletzt Kampf braucht sehr, sehr viel Geduld und Spucke. Es gibt leider keine schnelle Lösung aber es bleibt immer das Gleiche. Je mehr Menschen diesem Scheiß offen, bunt und laut entgegen treten desto kleiner wird das Spielfeld der grauen Herren.

Das Gesetz des Marktes diktiert: eine Immobilie ist nur dann günstig und interessant wenn man als Investor machen kann was man will. Mieter die laut und ungehorsam Mitsprache fordern kosten Energie, Geld und Zeit. Welcher Investor hat schon Bock auf ein Haus gefüllt mit Wohnrechtsexperten?

Übrigens Herr Mähren, wenn sie uns loswerden wollen und sogar wenn Sie mal etwas sinnvolles für Stadt und Menschen tun wollen, verkaufen Sie an uns! Noch ist es nicht zu spät!

Noch ein Hinweis: Zusammen mit anderen Initiativen haben wir das Netzwerk “Zusammen für Wohnraum” gegründet. Das ist ein Zusammenschluss von mit Verdrängung und Deals konfrontierten Menschen und Häusern der ganzen Stadt. Hier findet Ihr Beratung, Gedankenaustausch, Hilfe zur Selbsthilfe und eine breite Front an Mitstreitern aus ganz Berlin.

Allein ertrinkt die Ameise. Rauft sie sich zusammen, schwimmt sie oben! Vielen Dank!